Die deutsche Einheit darf nicht nur ein Stück Papier sein!

Während sich momentan viele in Deutschland ein Urteil darüber erlauben, ob die Spanier nun eine Nation sind oder ob den Katalanen die Unabhängigkeit gewährt werden sollte, wird eine Debatte, die für uns Deutsche viel wichtiger ist, immer noch weitgehend ausgeblendet. Wie steht es eigentlich mit der Einheit der Deutschen?

In den meisten Ländern wurden die Nationalfeiertage an Tagen festgesetzt, an denen das jeweilige Volk etwas bewegt hat. Nicht so in Deutschland. Hier wird der Tag der Einheit an dem Tag begangen, an dem die seinerzeit Herrschenden einen Vertrag unterzeichnet haben, das westliche System über die ehemalige DDR überstülpten und damit die Chance auf eine wirkliche Einheit verspielten. Gute Ansätze aus der DDR, vor allem auch im Bildungssektor, wurden über Bord geworfen. Vieles, was die Bürger der früheren DDR aufgebaut und geschaffen hatten, war plötzlich nichts mehr wert. Eine echte Vereinigung oder eine Synthese von guten Elementen beider Systeme fand nicht statt. Wenn es einen Feiertag geben sollte, dann am 9. November, weil an diesem Tag unzählige Deutsche erst mit dem Ruf „Wir sind das Volk“, später mit der Losung „Wir sind ein Volk“ die Einheit erzwungen haben. Das stiftet Identität, nicht irgendeine eine Vertragsunterzeichnung!

Doch nicht nur symbolisch liegt in Deutschland vieles im Argen. Vor allem im Osten der Republik fühlen sich auch 27 Jahre nach der Vereinigung der alten BRD mit der ehemaligen DDR viele Regionen nicht nur wirtschaftlich abgehängt, sie sind es faktisch auch. Funktionierende Industrien und Betriebe wurden zerschlagen, was zur Folge hatte, dass fast 80 Prozent der ehemaligen DDR-Bürger beruflich umsatteln mussten. Statt eine zeitweilige Sonderwirtschaftszone zu schaffen, um die bestehenden Strukturen vor ruinösem Wettbewerbsdruck zu schützen und sozial verträglich weiterentwickeln zu können, wurde ein dauerhafter und fast flächendeckender Niedriglohnsektor installiert. Unzählige junge Menschen mussten und müssen aufgrund beruflicher Perspektivlosigkeit ihr Glück im Westen oder gar im Ausland suchen, Familien werden zerrissen, Dörfer und Städte veröden. Ein Teufelskreis aus massenhafter Abwanderung, fehlenden Unternehmensansiedlungen, sinkenden Steuereinnahmen und dem Kahlschlag von Infrastruktur im Sicherheits-, Bildungs- und Kultursektor hat sich in Gang gesetzt.

Auch wenn über den sogenannten Soli in den vergangenen Jahrzehnten gigantische Summen geflossen sind, wirtschaftliche Standbeine, die eine nachhaltige Entwicklung mit sich bringen würden, konnten kaum geschaffen werden. Und so kann es auch nicht verwundern, dass im Osten der Republik weit mehr als die Hälfte der Bürger auf Altersarmut zusteuern.

Es kann nun nicht darum gehen, irgendwelchen Ost-West-Differenzen das Wort zu reden. Es muss aber darum gehen, die eigenen Probleme zu lösen, bevor man neue importiert. Nicht ohne Grund konnte sich PEGIDA in Dresden etablieren und haben NPD und AfD ihre besten Wahlergebnisse im Osten der Republik. Man fühlt sich von den Etablierten belogen und betrogen, weil die vermeintlich „sicheren Renten“ und die „blühenden Landschaften“ Politiker-Märchen geblieben sind.

So lange Millionen Menschen von ihrer Arbeit kaum leben können, ganze Landstriche ökonomisch ausbluten, qualifizierte junge Deutsche in ihrer Heimat keine Perspektive haben, ist weitere Zuwanderung mit all den damit verbundenen Belastungen ein Schlag ins Gesicht aller jener, die diesen Irrsinn mit ihren zum Teil kläglichen Einkommen bezahlen müssen.

Ronny Zasowk