Säbelrasseln beenden – NATO endlich auflösen!

Momentan geht alles Schlag auf Schlag, man kommt der Nachrichtenlage kaum hinterher. Umso leichter kann es insbesondere unerfahrenen Beobachtern passieren, der politisch gewollten und medial inszenierten Kriegstreiberei auf den Leim zu gehen. Selbst „normale“ Nachrichtensendungen können ihre Verachtung gegenüber Putin und Russland kaum noch hinter der vermeintlich objektiven Fassade verbergen.

Aktuell kann niemand mit Gewissheit sagen, wie das Ganze enden wird. Kommt es zu einem lokalen Krieg zwischen Russland und der Ukraine? Bahnt sich ein gesichtswahrender Formel-Kompromiss an, der Russland bezüglich einer möglichen NATO-Mitgliedschaft der Ukraine Zugeständnisse macht? Oder will der Westen das Gezerre um Donezk und Luhansk nutzen, um militärisch gegen Russland zuzuschlagen?

Aktuell scheinen alle drei Optionen nicht unrealistisch. Doch alle drei würden an der Ursache des aktuellen Konflikts nichts ändern. Zu Beginn der 90er Jahre rang man den sowjetischen Machthabern die Zustimmung zur deutschen Wiedervereinigung und damit zur Aufnahme auch des Gebiets der ehemaligen DDR in die NATO mit der Zusicherung ab, dass es keine NATO-Osterweiterung geben werde. Erst vor wenigen Tagen berichtete der „Spiegel“ in einem Beitrag mit dem Titel „Neuer Aktenfund von 1991 stützt russischen Vorwurf“ darüber, dass der US-Politikwissenschaftler Joshua Shifrinson im britischen Nationalarchiv ein Dokument auftat, das die seit Jahrzehnten von russischer Seite bemühte Kritik am Vorgehen des Westens untermauert.

Die NATO, einst als Schutzschild gegen die sowjetische Bedrohung in Europa gegründet, wurde seither massiv nach Osten erweitert. Mittlerweile sind 14 Länder des ehemaligen Ostblocks sowie der früheren Sowjetunion Mitglieder der NATO. Dass sich Russland dadurch eingekreist und bedroht fühlt, sollte niemanden ernsthaft verwundern. An der vom ersten NATO-Generalsekretär Lord Ismay geäußerten Charakterisierung des Zwecks des Militärpakts, „to keep the Russians out, the Americans in, and the Germans down“, hat sich bis heute nichts geändert.

Durch die aggressive Sanktionspolitik des Westens ist den Russen in den letzten Jahren so oft die Tür vor der Nase zugeschlagen worden, dass weitere Wirtschaftssanktionen bei Putin nur ein müdes Achselzucken hervorrufen dürften. Russland hat sich längst China zugewandt, sodass selbst der von Bundeskanzler Scholz nun angeordnete Boykott von Nord Stream 2 seine Wirkung verfehlen wird.

Die deutsche Außenpolitik spielt in Bezug auf Russland seit Jahren eine erbärmliche Rolle. Statt sich in Bismarck’scher Tradition als ehrlicher Makler zu betätigen und einen nachhaltigen Kompromiss auszuhandeln, der sowohl die Sicherheitsinteressen Russlands als auch der Ukraine berücksichtigt, geriert man sich als Lautsprecher Washingtons und dreht an der Eskalationsschaube. Die Leidtragenden werden dieses Mal die deutschen Verbraucher sein, die zusätzlich zur Rekord-Inflation auch noch massiv erhöhte Rohöl- und Gaspreise schultern müssen.

Die Sowjetunion hat sich selbst in kältesten Zeiten des Kalten Kriegs stets als zuverlässiger Lieferant erwiesen. Wenn man Russland nun durch überzogene Maßnahmen endgültig verprellt, lässt man nicht nur Bürger die Zeche für eine katastrophale Außenpolitik zahlen, sondern begibt sich noch mehr in US-amerikanische Abhängigkeit. Aufgrund der gescheiterten Energiewende in Deutschland werden wir noch über Jahre auf Gas als Energiequelle angewiesen sein. Wenn Russland aus politischen Gründen als Lieferant ausscheidet, werden in Washington die Sektkorken knallen.

Wenn es nicht um geostrategische und wirtschaftliche Interessen ginge, sondern um die Schaffung einer nachhaltigen Friedenslösung in Europa, dann müsste die NATO endlich aufgelöst werden. Während des Kalten Krieges mag sie ihre Existenzberechtigung gehabt haben, nach dessen Ende ist ihr Fortbestehen der Spaltpilz in Europa. Eine stabile Friedensordnung in Europa ist nur mit, aber definitiv nicht gegen Russland möglich. Dafür braucht es aber keine von den USA dominierte NATO, die den Kontinent in Europäer erster und zweiter Klasse einteilt.

Wir brauchen, um Lord Ismay abgewandelt zu bemühen, eine Ordnung in Europa, die alle Europäer zusammenführt und die Amis draußen hält.    

Ronny Zasowk