Heute vor 60 Jahren wurde eines der größten Verbrechen in unserem Land begangen – von Deutschen an Deutschen. Der Bau der Berliner Mauer zementierte die Teilung zwischen der Bundesrepublik und der DDR und zerriss Familien und Freundschaften. Viele vor allem junge Deutsche fanden an der Mauer ihren Tod, weil sie auf der Suche nach Freiheit von Mauermördern erschossen wurden.
Die politische Aufarbeitung ist bis heute nicht erfolgt, viele der politisch Verantwortlichen saßen noch lange nach der Wiedervereinigung in Treuhandbetrieben, Parlamenten und Ministerien und richteten sich in der neuen Zeit ein, ohne jemals zur Rechenschaft gezogen zu werden. Wenn man heute der Opfer gedenkt, muss man auch über die Täter und politischen Verantwortlichen sprechen.
Heute finden, wie immer, wenn ein großes Ereignis sich in einer runden Jahreszahl jährt, große pathetische Veranstaltungen statt. Dann wird über die Erfolge gesprochen. Auch über das, was noch zu tun ist, damit der „Osten“ endlich an den „Westen“ Anschluss findet.
Aber liegt in diesem Denken nicht schon der Kern des Problems? Wird in der verbalen Teilung nicht auch das Denken über ein geteiltes Deutschland fortgesetzt? Warum leisten wir uns über 30 Jahre nach der sogenannten Wende immer noch einen Ostbeauftragten der Bundesregierung? Ganz abgesehen, dass Herr Wanderwitz schlecht über diejenigen redet, für die er beauftragt ist, zeigt ein solches Amt doch die Geringschätzung gegenüber einem großen Teil unseres Landes.
Doch die begann schon, als die Wiedervereinigung politisch in trockene Tücher gebracht wurde. 1989 und 1990 bestand die historische Chance einer Synthese der guten Elemente beider Systeme. Doch durch die Überstülpung des einen Systems über das andere wurden die Leistungen einer ganzen Generation entwertet. Viele DDR-Bürger waren keine Kommunisten, sondern kämpften ganz unideologisch für ein gerechteres Land. Deren Ansichten und Erfahrungen wurden nach 1990 jedoch nicht gehört, stattdessen wurden in den neuen Bundesländern an die wesentlichen Schaltstellen in Politik, Wirtschaft und Wissenschaft Funktionsträger aus der alten Bundesrepublik gesetzt, was bis heute von vielen ehemaligen DDR-Bürgern als „Übernahme“ wahrgenommen wird.
Die Ergebnisse sind bekannt. Die wirtschaftlichen Verhältnisse im Osten der Republik sind noch immer deutlicher schlechter, obwohl es im Westen mittlerweile auch ökonomisch abgehängte Gebiete gibt. Rentenansprüche sind noch immer nicht angepasst, kein einziger DAX-Konzern hat seine Hauptniederlassung in einem der östlichen Bundesländer.
Hinzu kommt die noch immer vorhandene Spaltung in den Köpfen, die besonders dann zum Vorschein kommt, wenn unser Land sich mit einer Krise konfrontiert sieht. Dann ist schnell von „Dunkeldeutschland“ die Rede oder, wie es Ostbeauftragter Wanderwitz so schön ausdrückte, von Menschen, die in einer Diktatur sozialisiert wurden und nicht in der Demokratie angekommen seien.
Viele, vor allem ältere Bürger, die die DDR noch leibhaftig mitbekommen haben, haben über die Jahre eine gesunde Staats- und Medienskepsis entwickelt. Sie glauben nicht jeden Unsinn, der ihnen über die „aktuellen Kameras“ eingehämmert werden soll. Ob es die Asylkrise war oder jetzt die Corona-Krise ist, eine skeptische Haltung gegenüber einem Staat, der beim Schutz seiner Bürger versagt und ihm stattdessen die Grundrechte entzieht, ist mehr als angebracht.
Ost- und Westdeutsche sollten sich nicht als Gegensätze begreifen, sondern voneinander und den jeweiligen Erfahrungen lernen wollen. Wenn heute der Mauertoten gedacht wird, sollte das nicht nur ein ostdeutsches, sondern ein gesamtdeutsches Gedenken sein. Ein Gedenken an die Vergangenheit ergibt aber nur Sinn, wenn man daraus die richtigen Schlüsse für die Zukunft zieht. Unser Land sollte sich nicht noch einmal spalten und teilen lassen, nicht in Ost und West, nicht in Geimpfte und Ungeimpfte, wie es die Politiker und Medien aktuell versuchen.
Unser Land wurde von Fremden geteilt und deutsche Politiker haben daran mitgewirkt. Lassen wir nicht zu, dass sie unser Volk noch einmal spalten und teilen können!
Ronny Zasowk