Der BER-Flughafen ist wohl das Bauprojekt, das in den letzten Jahren am häufigsten als Grundlage unterschiedlichster Witze herhalten musste. Zahlreiche Pannen, mehrere Terminverschiebungen für die Eröffnung und das Vielfache an den ursprünglich geplanten Kosten haben den BER international bekannt gemacht. Nun wurde der gerade einmal drei Monate im Amt befindliche Flughafensprecher Daniel Abbou von seiner Tätigkeit freigestellt, weil er ein Interview gegeben hat, in dem er es wagte, Kritik an den Verantwortlichen zu üben.
Flughafenchef Karsten Mühlenfeld sagte mit Blick auf die Freistellung: „Das Interview von Herrn Abbou mit dem PR Magazin ist nicht mit der Geschäftsführung abgestimmt. Herr Abbou ist freigestellt.“
Abbou wurde entsorgt, weil er bestimmte Missstände ansprach, die seit Jahren offenkundig sind. Er sprach sich für mehr Offenheit im Umgang mit den Versäumnissen der letzten Jahre aus, dies wurde ihm nun zum Verhängnis. Abbou sagte unter anderem, dass die Berliner und Brandenburger ein Recht darauf haben, „zu sehen, wo ihre Milliarden versenkt worden sind.“ Auch habe die Flughafencrew „zu viel verbockt“, zu viele Milliarden seien „in den Sand gesetzt worden“.
Aktuell gehen Optimisten im BER davon aus, dass der Flughafen Ende 2017 eröffnet werden kann. Externe Fachleute rechnen nicht damit, dass die Eröffnung vor dem Jahr 2018 stattfinden wird. Auch Abbou wies darauf hin, dass noch viele Unwägbarkeiten auf die Berliner und Brandenburger warten: „Glauben Sie mir, kein Politiker, kein Flughafendirektor und kein Mensch, der nicht medikamentenabhängig ist, gibt Ihnen feste Garantien für diesen Flughafen.“ BER-Chef Mühlenfeld soll auch versucht haben, die Veröffentlichung des Brandenburger BER-Rechnungshofberichts zu verhindern.
Es ist ein Skandal, wenn ein führender Mitarbeiter des BER-Flughafens entlassen wird, weil er sich um Ehrlichkeit und Offenheit gegenüber den Bürgern und Steuerzahlern bemüht. Die Steuerzahler sind die Finanziers dieses politischen Prestigeprojekts, das für die Region Berlin-Brandenburg wenig Vorteile, aber viele Nachteile mit sich bringt.
Es wäre sinnvoller, die Politiker und BER-Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen, die den Berlinern und Brandenburgern seit Jahren ein beispielloses Trauerspiel zumuten, anstatt nun mit dem Flughafensprecher Abbou einen Sündenbock zu präsentieren. In Brandenburg ist es wie schon bei den alten Griechen, wo der Überbringer schlechter Nachrichten bestraft wurde, und nicht die Verursacher.
Ronny Zasowk