Daß das Bundesland Brandenburg die Bezeichnung „DDR-light“ zu Recht trägt, erfahren NPD und nationale Aktivisten regelmäßig bei öffentlichen Auftritten. Zu erinnern sei hierbei an die Zeit von Alwin Ziel, der statt Innenminister besser den Titel „Verbotsminister“ getragen hätte. Wann und wo immer ihm eine nationale Veranstaltung zu Ohren gekommen war, ließ er sie verbieten. Neuerdings wird das versucht zu kaschieren. Jetzt wird nicht einfach verboten, jetzt wird für eine ausreichende Anzahl von „Gegendemonstranten“ gesorgt, die sich dann ungestört im Bereich der Aufzugsstrecke einer rechten Demonstration niederlassen können, damit die Polizei schulterzuckend feststellen kann, daß eine Auflösung der „spontanen“ Blockade durch „friedliche Bürger“ unverhältnismäßig sei.
So sollte es auch am 15. September 2012 in Potsdam sein. Die NPD hatte eine Demonstration unter dem Motto „Wir arbeiten – Brüssel kassiert“ angemeldet, die am Hauptbahnhof beginnen und auch über die Lange Brücke führen sollte. Wie üblich wurden diverse Gegenveranstaltungen, so unter anderem ein „Fest der Toleranz“, angemeldet, die in ihrer Mehrzahl ganz offen deshalb angemeldet wurden, um die NPD-Demonstration zu verhindern. Vor Ort jedenfalls war die „Lange Brücke“ von Gegendemonstranten besetzt und die Polizei weigerte sich, die Blockade zunächst zu verhindern und dann zu beenden. Im Gegenteil: den Blockierern wurde eine „spontane“ Demonstration an demselben Ort zur gleichen Zeit erlaubt. Die NPD sollte dann zwei Stunden später mit Ihrer Veranstaltung beginnen. Da die Blockierer gar nicht daran dachten, nach zwei Stunden ihre Blockade zu beenden und die Polizei auch dann noch nicht tätig wurde, konnte die NPD-Demonstration nicht mehr durchgeführt werden.
Manchmal ist es sehr sinnvoll, zum Verwaltungsgericht zu gehen und die polizeiliche Verhinderungstaktik überprüfen zu lassen. In diesem Fall hat die dritte Kammer des Verwaltungsgerichtes Potsdam der NPD mit ihrer Klage recht gegeben und der Polizei einige wichtige rechtliche Hinweise gegeben.
So hat das Gericht erhebliche Zweifel, ob die Spontandemonstration tatsächlich spontan war. Ein typisches Kennzeichen für eine Spontandemonstration sei es, daß diese nicht von langer Hand vorbereitet werde, sondern aus einem aktuellen Anlaß entstehe. Gegen einen spontanen Charakter spreche auch, daß die Einsatzleitung der Polizei ein Kooperationsgespräch mit einem sich als verantwortlich zeichnenden Versammlungsleiter geführt habe. Eine spontane Versammlung sei spätestens dann nicht mehr zulässig, wenn sie ausschließlich den Zweck verfolge, eine angemeldete Demonstration wegen ihres Inhalts zu blockieren, so das Gericht.
Es greife auch nicht das Argument der Polizei, daß die Lange Brücke als wichtige Verbindungsstrecke in die Innenstadt auf längere Dauer nicht hätte gesperrt werden können. Die dadurch herbeigeführte Beeinträchtigung der Versammlungsfreiheit der NPD sei im Lichte des Grundgesetzes nicht gerechtfertigt. Die NPD habe als politische Partei, die an der Willensbildung mitwirke, einen Anspruch darauf, daß ihre ordnungsgemäß angemeldete Versammlung weder durch ein behördliches Verbot unterbunden noch rein faktisch zum Spielball von Gegendemonstranten gemacht werde. Bei Gegendemonstranten seien behördliche Maßnahmen primär gegen Störer, die blockieren wollen, durchzuführen.
Mal sehen, ob die Potsdamer Polizei es wagt, gegen dieses Urteil in die Berufung zu gehen.
Frank Schwerdt