Zehn Jahre Gemeindegebietsreform – eine Bestandsaufnahme

Die letzte brandenburgische Gebietsreform ist nun mittlerweile zehn Jahre her. Damals wurden 1.479 zu 422 Gemeinden zusammengestutzt. Alle paar Wochen stellen sich Politiker der rot-roten Landesregierung oder der von ihr beauftragten Enquetekommission vor die Kamera und fordern weitere Zusammenlegungen und Fusionen. Sinnvoller wäre es jedoch, erstmal die zurückliegende Gebietsreform ohne Scheuklappen zu bewerten und dann daraus die richtigen Rückschlüsse zu ziehen, bevor man weitere Gebietsreformen fordert.

Und was da nicht alles gefordert wird: eine Kreisgebietsreform, in deren Folge aus den bestehenden 18 Kreisen ganze sieben werden sollen; eine Gemeindegebietsreform, mit der Gemeinden zu Großgemeinden mit mindestens 10.000 Einwohnern zwangsfusioniert werden sollen; und was als Lieblingsprojekt von Politikern ohne echte Ideen nicht fehlen darf: die Länderfusion mit dem überschuldeten und überfremdeten Berlin.

All diese Ideen hätten langfristig höhere Kosten für die Bürger, weitere Wege, weniger Service und weniger Selbstverwaltung für die Kreise und Kommunen zur Folge. Eine Länderfusion – wenn sie auch den Charme einer Teilvereinigung Preußens mit sich bringen würde – wäre eine Problemverlagerung von Berlin auf Brandenburg.
Wenn sich schon die etablierten Parteien scheuen, eine ehrliche Bestandsaufnahme der Gemeindegebietsreform von 2003 vorzunehmen, soll diese zumindest an dieser Stelle erfolgen. Abgesehen davon, daß die wenigstens Bürger sich mit ihrer neuen Gemeinde identifizieren, sprechen auch ganz handfeste Gründe gegen eine weitere Reform. Der zentrale Grund für die Zwangsfusionen war die in Brandenburg grassierende demographische Katastrophe, die sich aber noch als viel schlimmer und weitreichender herausstellte als damals angenommen. Damals legte man als Mindesteinwohnerzahl für eine Gemeinde 5.000 Personen fest, mittlerweile sind viele der neu gebildeten Gemeinden unter diese Marke gerutscht. Beispielhaft ist hier der am dünnsten besiedelte Landkreis der Bundesrepublik, die Prignitz. Die Prignitz wird bis 2030 weitere 18 Prozent ihrer Einwohner verlieren.

Die einheitliche Regelung, daß Gemeinden mindestens 5.000 Einwohner haben müssen, hält auch der Geschäftsführer des Brandenburger Städte- und Gemeindebundes, Karl-Ludwig Böttcher für falsch: „Ich halte es für falsch, dass die Regierung damals für alle Gemeinden die gleiche Einwohnerzahl als Untergrenze festgelegt hat. Im Berliner Umland sind die Verhältnisse schließlich völlig anders als in der Lausitz.“ Auch Böttcher kritisiert, daß es bisher keine belastbare Bestandsaufnahme zur zurückliegenden Gemeindegebietsreform gegeben hat.

Ebenso muß kritisiert werden, daß die Gemeinden durch die Fusion finanziell nicht besser gestellt wurden. Nur 81 der 486 Kommunen in Brandenburg schreiben schwarze Zahlen. Die Verwaltungskosten pro Kopf steigen zum Teil dramatisch an. Darüber hinaus wird von Kritikern moniert, daß bisher keine Zahlen bekannt sind, die belegen könnten, daß die Fusion mehr Verwaltungseffizienz mit sich gebracht hätte. Auch wurden die Kommunen und Kreise mit kostspieligen Aufgaben betraut, deren Kosten letztlich vom Land aber nicht übernommen wurden. Von anderer Stelle wird wiederum ein Demokratiedefizit vorgebracht, da die untere Ebene kaum noch über Kompetenzen und Mittel verfügt, wirklich Politik für die Bürger vor Ort zu machen.

Die brandenburgische NPD lehnt sämtliche Reformprojekte auf dem Rücken der Bürger ab, die offensichtlich mehr Schaden und Risiken als Nutzen mit sich bringen. Fusionen bringen nur Nutzen, wenn dadurch Synergieeffekte freigesetzt werden können, nicht aber wenn Gleichschaltung und eine Politik der Bürgerferne die Folge sind.

Ronny Zasowk

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